Über Sinn und Unsinn von Interim Management

Über Sinn und Unsinn von Interim Management

 

Bevor wir über den Sinn oder Unsinn des Interim Managements diskutieren, ist es sinnvoll, zu klären, worum es sich dabei wirklich handelt: Interim Management bezeichnet den Einsatz von externen Führungskräften oder Spezialisten auf Zeit. Diese werden meist für einen Zeitraum von wenigen Monaten bis zu zwei Jahren engagiert, um bei dringenden Projekten Expertise einzubringen oder um eine vakante Position bis zur dauerhaften internen Besetzung zu überbrücken. Interim Manager sind nachweislich erfahrene Fachleute, die sofort einsatzbereit sind und schnelle Lösungen für spezifische Probleme bieten.

Was dabei auffällt: Interim Management wird oft als Lösung in Krisenzeiten oder Umbruchphasen genutzt. Unternehmen sehen sich mit Herausforderungen konfrontiert, für die es entweder intern keine passenden Fachkräfte gibt oder die eine schnelle, externe Expertise erfordern. Doch bedeutet dies, dass Interim Management immer der richtige Weg ist?

Es gibt klare Argumente, die für den Einsatz von Interim Managern sprechen. Hier einige der wichtigsten:

Flexibilität: Unternehmen können Interim Manager je nach Bedarf und für begrenzte Zeiträume einsetzen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, auf kurzfristige Herausforderungen schnell zu reagieren, ohne eine langfristige Verpflichtung einzugehen.

Fachliche Expertise: Interim Manager bringen in der Regel tiefgreifende Fachkenntnisse und langjährige Erfahrung mit. Sie sind es gewohnt, schnell in neue Umfelder einzutauchen und sind sofort handlungsfähig. Gerade in komplexen Projekten oder in Situationen, in denen spezifisches Know-how fehlt, können sie einen echten Mehrwert bieten.

Objektive Sichtweise: Externe Manager haben keinen „Betriebsblindheit“. Sie können Probleme neutral und objektiv betrachten und Lösungen vorschlagen, die von internen Mitarbeitern möglicherweise übersehen werden.

Die Risiken und Herausforderungen des Interim Managements

Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es auch kritische Stimmen, die das Interim Management hinterfragen. Die folgenden Punkte zeigen, warum es nicht immer die optimale Lösung ist:

Kosten: Die Tages- oder Stundensätze etablierter Interim Manager liegen in der Regel über dem, was ein interner Mitarbeiter kosten würde. Für Unternehmen mit begrenzten Budgets und Unternehmen in finanziellen Schieflagen kann dies als zusätzliche finanzielle Belastung empfunden warden. Insbesondere wenn der Einsatz länger dauert als ursprünglich geplant. Soll man deswegen auf den Einsatz von Interim Management verzichten? Mitnichten. Die Expertise nachweislich erfahrender und erfolgreicher Interim Manager ist gerade in kritischen Situationen und bei dringend umzusetzenden Projekten unverzichtbar. Und ja – die unmittelbaren Kosten für einen Interim Manager sind erst einmal ein Invest. Und Entscheider sollten diese Kosten auch genauso sehen: Als Invest, der sich bei positivem Verlauf eines Interim Einsatzes mehr als rentiert.

Fehlende Integration: Interim Manager sind per Definition externe Kräfte. Dies bedeutet, dass sie naturbedingt Schwierigkeiten haben können, sich vollständig in die Unternehmenskultur zu integrieren. Langjährige Mitarbeiter können externe Interim Manager als „Fremdkörper“ wahrnehmen, was die Zusammenarbeit gerade in den ersten Tagen eventuell herausfordernd machen kann. Aber: Der Interim Manager ist nur für eine begrenzte Zeit da und gerät deshalb nicht in die gleichen Abhängigkeiten wie ein interner Mitarbeiter. Dies ermöglicht ihm mehr Entscheidungsfreiraum und damit verbunden oft eine höhere Durchsetzungskraft.

Wissensverlust: Nach dem Ende des Einsatzes eines Interim Managers kann es passieren, dass wertvolles Wissen verloren geht. Da der Interim Manager das Unternehmen wieder verlässt, besteht die Gefahr, dass die gewonnenen Erkenntnisse und Strategien nicht nachhaltig in die Organisation integriert werden. Dem kann und muss mit einem organisiertem und im Vorwege geplanten Wissenstransfer entgegengewirkt warden. Interim Manager sind “Kaltstarter” und innerhalb weniger Tage zu 100% leistungsfähig. Das Ausphasen und Offboarding jedoch muss von Anfang an eingeplant werden. Auf Grund von notwendigen Schulungen, Dokumentationen und Übergaben kann so ein Ausphasen durchaus einige Wochen in Anspruch nehmen. Doch um den Erfolg eines Interim Einsatzes nachhaltig zu gestalten, muss eine solche Phase schon vor Einsatzstart als Projektbestandteil mit eingeplant werden. Dann ist ein Wissensverlust nahezu ausgeschlossen.

Wann macht Interim Management Sinn?

Angesichts der genannten Vor- und Nachteile stellt sich die Frage: Wann ist der Einsatz eines Interim Managers wirklich sinnvoll? Hier einige typische Szenarien:

Krisenmanagement: In Zeiten von Krisen, sei es eine finanzielle Schieflage, der Ausfall von Führungskräften oder ein größerer Marktwandel, kann ein erfahrener Interim Manager helfen, schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.

Projektmanagement: Wenn Unternehmen spezielle Projekte umsetzen wollen, für die es intern nicht die notwendige Expertise gibt, kann ein Interim Manager wertvolles Wissen und Erfahrung einbringen, die das Unternehmen voranbringen.

Vakanzüberbrückung (Überbrückung von Führungspositionen): Wenn eine Führungskraft kurzfristig ausfällt und die interne Nachfolgeplanung noch nicht abgeschlossen ist, kann ein Interim Manager helfen, die Lücke zu füllen, bis eine dauerhafte Lösung gefunden wurde. Ein Führungsvakuum ist Gift für jedes Unternehmen!

Wann ist Interim Management nicht die beste Wahl?

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Interim Management wenig Sinn macht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das Unternehmen langfristig strategische Veränderungen plant, die naturgemäß über einen Zeitraum von vielleicht 5 Jahren und mehr geplant werden müssen. Bei langjährigen Projekten oder strategischen Veränderungen, die tiefe Eingriffe in die Kultur eines Unternehmens erfordern, ist ein externer Interim Manager manchmal nicht die beste Wahl. Hier stößt das Interim Modell an seine Grenzen und es braucht eine strahlende Führungskraft, die sich langfristig engagiert und eine nachhaltige Veränderung vorantreibt.

Teamentwicklung: Wenn es darum geht, interne Teams zu entwickeln und eine nachhaltige Unternehmenskultur aufzubauen, haben interne Führungskräfte oft einen klaren Vorteil gegenüber Interim Managern. Die enge Bindung an das Unternehmen und das langfristige Engagement sind hier entscheidende Faktoren.

Wissensaufbau: Für Unternehmen, die spezifisches Know-how aufbauen wollen oder müssen, um in einer besonderen Marktnische auch weiterhin zu bestehen, ist es sinnvoller, in die Weiterbildung interner Mitarbeiter zu investieren, anstatt externe Experten auf Zeit zu holen.

Die Zukunft des Interim Managements

Interim Management hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Während es früher vor allem als Notlösung galt, wird es heute immer häufiger als strategisches Werkzeug genutzt. Gerade in Zeiten des digitalen Wandels, in denen Unternehmen mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert sind, kann Interim Management eine wertvolle Ressource darstellen, die den Unterschied zwischen Scheitern und Unternehmenserfolg ausmacht.

Um den vollen Nutzen aus dem Einsatz eines externen Managers zu ziehen, müssen Unternehmen ihre Erwartungen realistisch halten. Interim Manager können kurzfristig helfen. Langfristige Erfolge erfordern zum Teil andere, tiefere Ansätze. Die Herausforderung besteht darin, das richtige Gleichgewicht zu finden und Interim Management nicht als Allheilmittel zu betrachten, sondern als ein modernes Werkzeug im Führungskoffer.

Fazit:

Interim Management ist per se weder gut noch schlecht. Wie bei den meisten Managementansätzen hängt der Erfolg vom konkreten Einsatz und den Erwartungen ab. Unternehmen, die Interim Manager gezielt und in den richtigen Situationen einsetzen, können große Vorteile daraus ziehen.

Der Schlüssel liegt in der Differenzierung: Interim Management ist ein hervorragendes Werkzeug für dringend umzusetzende Projekte sowie kurz- und mittelfristige Herausforderungen. Bei langfristigen Entwicklungen und tiefgreifenden Transformationen, die über mehrere Jahre geplant sind, sollte auf interne Führungskräfte und deren Entwicklung gesetzt werden, die das Unternehmen dauerhaft begleiten. Manchmal ist es in solchen Fällen sinnvoll, Interim Management und interne Personalentwicklung zu verknüpfen, indem dem Interim Manager eine Perspektive als fest angestellter Mitarbeiter offeriert wird. Aber Achtung: Oft sind Interim Manager nicht an einer Festanstellung interessiert, weshalb sich Unternehmen nicht auf eine solche Kombination von Interim Management mit nachfolgender Festanstellung verlassen sollten.

Der Autor des Beitrages begleitet als Partner/Senior Consultant bei der Management Angels GmbH Interim Projekte aus allen Branchen und berät Entscheider in Unternehmen zu allen Themen rund um das Interim Management.

Kontakt: frank.wolff@managementangels.com oder telefonisch: 01520 28 46 652

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